05
2021 / Mit voller Spannung voraus

Design? Check!

    Die Entwicklung des Audi e-tron GT geschah in weiten Teilen mit digitalen Technologien. Im PSW Designcheck wurde das Fahrzeug zum ersten Mal physisch erlebbar. Tilo Schiesterl, Michael Walker und Egid Beyer haben den Designcheck gemeinsam mit der Audi Projektleitung durchgeführt – Stück für Stück wuchs die Sportlimousine vor ihren Augen und unter ihren Händen.

    Der Designcheck des Audi e-tron GT– eine neue Herausforderung für PSW?

    TILO SCHIESTERL: Zumindest war es für uns eine neue Aufgabe. Bisher sind die von uns betreuten Fahrzeuge im Audi Designcheck gelaufen – beim Audi e-tron GT haben wir den Designcheck erstmalig selbst abgebildet. Im Grunde genommen ist das ein physikalischer Fahrzeugaufbau, der in seinen Umfängen zunächst recht prototypisch dargestellt und mit den entsprechenden Ständen aus der Serie stetig aktualisiert wird. Um Funktionalitäten zu testen, um die Qualität von Spaltmaßen zu kontrollieren, um Verbaureihenfolgen oder Kundendienst-zugänglichkeiten und vieles mehr abzuprüfen. Das muss man live an der Hardware durchführen. Zudem war unser Aufbau elektrifiziert: Wir konnten also über das physische Mock-up hinaus auch zum Beispiel bedienen und beleuchten, um Ambientelicht und Nachtdesign abzubilden. Auch für das Erleben des Infotainments ist die Elektrifizierung wichtig.

    MICHAEL WALKER: Anfänglich haben wir die sogenannte Nullkarosse fräsen lassen, das ist der gesamte Rohbau, mit Interieur, Befestigungspunkten und vielen anderen Komponenten. Viele spezifische Teile, die von Lieferanten kamen, haben wir in einem beständigen Prozess eingebaut und getestet. Da kommt ein ordentlicher Umfang von hunderten von Teilen zusammen. Und wenn es dann in die werkzeugfallenden Teile geht, wird es spannend, denn die Werkzeugproduktion ist kostenintensiv, da muss wirklich alles stimmen – Haptik, Optik, Fugenbreiten und vieles mehr. Da will man natürlich, dass alles perfekt ist, Erfahrung und Bauchgefühl spielen eine große Rolle.

    EGID BEYER: Da im Designcheck nicht nur das Greenhouse abgebildet war, konnten auch weitere Umfänge wie Kabelstrang, Rückleuchten, Heckklappe, Heckscheibe und viele andere Teile mit einbezogen werden. Da geht es um Bedienbarkeit, Ergonomie, auch um die Festigkeit von Bauteilen. Viel Tüftelarbeit steckt im Detail, wie zum Beispiel in der Hutablage, in der das Design des Lüftungsgitters das optimale Abtauen der Heckscheibe in kurzer Zeit ermöglicht. Die Elektrifizierung wiederum machte andere Knackpunkte sichtbar: Trotz Ambientelicht dürfen im Sichtbereich des Fahrers keine Lichtreflexe oder Spiegelungen auftreten, das betrifft dann selbst Farbigkeiten der Nähte in der Belederung.

    MICHAEL WALKER: Neu war für uns die Überprüfung der weltweiten Gesetzesvorschriften – eine Website informiert tagesaktuell über Gesetzesänderungen und veränderte Richtlinien, oft sicherheitsrelevant, sei es in Taiwan, Indien oder Kanada. Bis zur Freigabe muss da alles stimmen!

    © Audi Media Center

    Das Interieur des Audi e-tron GT

    Wie groß ist denn der digitale Anteil an einem solchen Designcheck?

    EGID BEYER: Das sind momentan einige Prozent. Sicherlich kommt es auf den richtigen Mix an, die echte Haptik ist noch nicht zu ersetzen. Aber man kann digital im Detail schon einiges vorab gut erkennen, vor allem bei Spiegelungen oder Schattenwürfen.

    MICHAEL WALKER: Der Designcheck kommt ja in einer Produktprozessphase, in der Bauteile erstmals eingebaut und konkret überprüft werden. Wir haben unseren Designcheck analog zu den bewährten Audi Prozessen aufgebaut und durchgeführt. Ohne echte Hardware geht das nicht. Doch der Designcheck wird sich – wie jeder Prozess – weiterentwickeln, die digitalen Dimensionen des Checks werden wachsen, weil sich damit Aufbauaufwand verringern lässt.

    TILO SCHIESTERL: Mit VR-Tools konnten wir das eine oder andere Update schon virtuell anschauen. Das spart Zeit und Geld und wird bestimmt an Bedeutung gewinnen. Doch das reale Cubing wird im Premiumsegment sicherlich bleiben. Haptik, Bedienbarkeit, Erlebnis, Fühlen – all das spielt eine große Rolle.

    Interview ohne Worte: Designcheck

    1 / 4

    2 / 4

    Tilo Schiesterl

    3 / 4

    Michael Walker

    4 / 4

    Egid Beyer

    Wie liefen die Abstimmungen mit Audi?

    MICHAEL WALKER: Das war ein sehr gutes Miteinander. Gemeinsam mit den erfahrenen Bauteilverantwortlichen von Audi haben wir den Designcheck immer gut im Griff gehabt. So konnten wir alle Termine und Freigaben einhalten.

    EGID BEYER: In den Prozess waren die Kollegen von Audi auch involviert, wenn es darum ging, wie die Teile später an der Linie verbaut werden. Da haben wir uns untereinander sehr gut ausgetauscht. Insgesamt eine tolle Zusammenarbeit mit den Kollegen aus dem Audi Technikum und der Planung.

    TILO SCHIESTERL: Das war sehr schlank. Wir hatten für das gesamte Interieur einen Ansprechpartner bei Audi. Die Abstimmungen verliefen pragmatisch und unkompliziert, direkt in der Halle, zusammen an der Hardware. Ohne Showroom-Atmosphäre, dafür aber mit viel Werkstattfeeling, das hat allen Spaß gemacht.

    EGID BEYER: Das ist schon toll, wenn man gemeinsam sieht, wie das Fahrzeug step-by-step wächst: Das erste Cockpit, erst mit den geplotteten Teilen, dann die Sitze, die Türverkleidungen, all die anderen Puzzleteile – Stück für Stück wird die Sportlimousine sichtbar.

    Und wie gestalteten sich die internen Prozesse?

    TILO SCHIESTERL: Durch Corona hatten wir natürlich eine besondere Situation. Mit kreativen Ideen und viel Engagement haben wir aber trotzdem alle Meilensteine pünktlich erreicht.

    MICHAEL WALKER: Wir haben uns alle super verstanden, es geht immer allein um die Funktion der Bauteile. Egid hat die Werkstatt für unseren Designcheck von Null aufgebaut, einen prototypensicheren Space mit Sicherheitsschleuse geschaffen, Teile zigmal ein- und wieder ausgebaut, beim Designcheck macht ihm keiner was vor.

    TILO SCHIESTERL: In der Tat. Was der Egid da an Umbauarbeiten geleistet hat, kann eben nur ein richtiger Schrauber und Tüftler, da muss man gleichzeitig improvisieren und organisieren können. Auf einer Rohkarosse ein komplettes Fahrzeug aufzubauen, welches auch elektrisch funktioniert – das ist schon großes Kino!

    EGID BEYER: Allen Kollegen war die Herausforderung der Aufgabe bewusst, jeder hatte das auf dem Schirm. Egal, auf wen man zuging, jeder half auf dem kurzen Dienstweg und stand bei Bedarf sofort parat, das war großartig.

    Vorheriger Artikel

    Virtuell entwickelt

    Nächster Artikel

    Gelebte Transformation