Mittwochnachmittag, 16 Uhr. René lehnt entspannt an einem Stehtisch in der PSW-Kantine und nippt an seinem Kaffee. Seine Größe und seine ernsten, mit Bedacht gewählten Worte verleihen seinen Äußerungen einen gewissen Nachdruck und der niederländische Akzent macht ihn sympathisch. Er ist bei PSW der Spezialist für die Brennstoffzelle (BZ) und hilft dem Unternehmen, das nötige Knowhow aufzubauen, um Audi bei der Fahrzeugintegration des Antriebs zu unterstützen.
Dr. René van Doorn hat eine Mission. Er will den Brennstoffzellenantrieb zur breiten Serientauglichkeit verhelfen. Seine Mission ist aus Überzeugung geboren:
Die Erdölressourcen sind endlich und eine flächendeckende Mobilität nur mit Batterietechnologie zu realisieren, ist kaum möglich. Ich bin davon überzeugt, dass die Brennstoffzellentechnologie zur Ergänzung des reinen Elektroantriebs der einzig richtige Weg ist.
Chemie und Technik wurden ihm in die Wiege gelegt: Schon in seiner Kindheit hat sich René mit chemischen und physikalischen Prozessen beschäftigt, während seine Altersgenossen noch mit Lego gespielt haben: „Als kleiner Junge habe ich immer gerne Soda mit Essigsäure gemischt. Das schäumt ganz stark und zischt. Wie ein kleiner Vulkanausbruch“, sagt er und lacht.
Sein Weg führte ihn nach Utrecht, wo er Chemie studiert hat. Nach seiner Promotion in Elektrochemie arbeitete er drei Jahre in den USA. 1999 ist er zur Firma Mannesmann gegangen und hat zusammen mit einem kleinen Team an der Brennstoffzelle geforscht. Nach Stationen bei Volkswagen und Audi ist René Anfang 2018 zu PSW gekommen. Während seiner Zeit bei Mannesmann befand sich die Technologie noch in ihren Anfängen:
„Damals war weder klar, wie der Wasserstoff gespeichert noch wie eine Betankungsinfrastruktur aussehen wird“, erklärt er. „Die damaligen Brennstoffzellen konnten vielleicht 200 Stunden im PKW betrieben werden. Seitdem hat sich jedoch viel getan. Mittlerweile hält eine Brennstoffzelle bei richtigem Betrieb ein ganzes Autoleben lang. In Japan werden sie sogar im Haushalt genutzt und sind bereits über 100.000 Stunden im Einsatz.“
Kernkompetenz Systemintegration
Dass der deutsche Fernseher mit Strom aus einer Brennstoffzelle betrieben wird, ist – Stand heute – eher selten. Jedoch spielt die BZ eine immer größere Rolle als Antriebstechnologie für Fahrzeuge. Audi entwickelt das Brennstoffzellensystem in Neckarsulm und arbeitet mit PSW zusammen, um das System ins Fahrzeug zu integrieren. Denn die Integration ist eine große Herausforderung und zugleich eine Kernkompetenz von PSW. Der benötigte Wasserstoff wird in zylindrischen Tanks gespeichert. Das Fahrzeug hat aber eine eher eckige Form. Dementsprechend muss die Integration so gestaltet sein, dass der Bauraum möglichst optimal genutzt wird. „Die Integration gelingt nur, wenn der Antrieb gesamtheitlich betrachtet und verstanden wird. Dafür entwickelt PSW ein Simulationsmodell namens modulare Längsdynamiksimulation.“
Damit können alle Abhängigkeiten innerhalb des Fahrzeugs berechnet werden wie Verbrauch, Beschleunigung, Reichweite, Rollwiderstände, Geschwindigkeiten, Grenzbetriebsbedingungen und Temperaturen. „Mit den Erkenntnissen unterstützen wir Audi dabei, den Brennstoffzellenantrieb fit für die Serie zu machen“, sagt René. „Er erzielt Reichweiten von bis zu 600 Kilometern, hat im Gesamtsystem einen sehr hohen Wirkungsgrad und zurück bleibt hauptsächlich nur Wasserdampf.“ Doch am wichtigsten ist, dass PSW durch die Simulation ein gesamtheitliches Verständnis der Technologie erlangt. Dieses Verständnis bildet die Basis, um die Kompetenzen in dem Bereich weiter auszubauen.
Weichen für die Zukunft stellen
Des Weiteren beschäftigt sich PSW mit dem Thema Gesetzeskonformität: „Es gibt hunderte von Gesetzestexten und Verordnungen zum Thema Hochvoltsicherheit und Wasserstoffsicherheit, die für die Zulassung eines Brennstoffzellenfahrzeugs relevant sind“, sagt René. „Je nach Land unterscheiden sich die Gesetze, sodass man länderspezifische Sicherheitskonzepte erarbeiten muss.“ Dasselbe gilt für die Betriebssicherheit des Wasserstoffs. Auch hier gibt es zahlreiche Auflagen und Gesetze. Eine EU-Verordnung legt zum Beispiel fest, dass die Emissionen maximal vier Prozent Wasserstoff enthalten dürfen. In China hingegen sind es drei Prozent.