Die Fakten sind überzeugend: Wasserstoff ist nahezu unbegrenzt verfügbar und für seine Gewinnung lassen sich auch regenerative Energiequellen nutzen. Außerdem lässt sich Wasserstoff leicht speichern und transportieren und ist damit vielleicht einer der wichtigsten Energieträger der Zukunft. Dr. René van Doorn ist bei PSW der Spezialist für Wasserstoff und die Brennstoffzelle und unterstützt mit seinem Team die Fahrzeughersteller bei der Integration und Entwicklung des innovativen Wasserstoffantriebs. Das ist zum einen eine Aufgabe mit technischem Tiefgang und zum andern eine, die konzeptionellen Weitblick erfordert, denn die Rahmenbedingungen sind anspruchsvoll.
Den Brennstoffzellenantrieb ins Fahrzeug zu integrieren ist eine wichtige Aufgabe, um die Art und Weise wie wir uns fortbewegen nachhaltiger und umweltfreundlicher zu gestalten. Zugleich ist die Integration auch eine große Herausforderung.
Technik verstehen und Bürokratie überblicken
„Je nach Land und Region unterscheiden sich Gesetze und Verordnungen zum Thema Hochvolt- und Wasserstoffsicherheit, die für die Zulassung eines Brennstoffzellenfahrzeugs relevant sind“, sagt René „darum müssen konkrete, länderspezifische Sicherheitskonzepte erarbeitet werden.“ „Wir recherchieren die Anforderungen für viele verschiedene Länder und dokumentieren das was wir herausfinden in einer Datenbank“. Und dabei geht es um viel mehr als die Dokumentation. Vor allem muss konzeptionell umgesetzt werden was gefordert ist. Ein Beispiel: Eine EU-Verordnung legt fest, dass Fahrzeugemissionen maximal vier Prozent Wasserstoff enthalten dürfen. So weit, so gut. Es gibt aber einen Betriebszustand des Fahrzeugs, bei dem einmal pro Minute kurze Zeit Wasserstoff abgelassen wird – man nennt das „spülen“ – und auch dabei darf das Vier-Prozent-Limit nicht überschritten werden. Wie geht das? Das ist eine von vielen hundert Knobelaufgaben, die das PSW Team löst. „Wir setzen uns zusammen und überlegen, wie eine Lösung aussehen könnte. Auf der einen Seite die Kollegen, die wissen, wie man mit Wasserstoff umgeht. Auf der anderen Seite die Experten, die die Gesetzeslage im Blick haben und schließlich diejenigen mit dem Knowhow zum Brennstoffzellensystem“, erklärt der promovierte Chemiker das PSW-Team-Setup. „So bringen wir Gesetzesanforderungen, Systemanforderungen, Systemverständnis und Simulation unter einem Hut. Hier leben und arbeiten wir bereits nach den neuesten Entwicklungsmethoden in Sinne des Systems-Engineerings.“ Aber was wird da eigentlich simuliert?
Brennstoffzelle
Die Betriebsstrategie ist entscheidend
René hat ein Beispiel: „Bedingt durch die niedrige Betriebstemperatur der Brennstoffzelle, sind die Anforderungen an die Fahrzeugkühlung wesentlich höher als bei einem Verbrennungsmotor. Die Integration des Brennstoffzellenantriebs gelingt nur, wenn sie zusammen mit der Kühlung umfassend betrachtet wird. Dafür haben wir ein eigenes Simulationsmodell entwickelt – die modulare Längsdynamiksimulation.“
Im Rahmen dieser Simulation können alle Abhängigkeiten innerhalb des Fahrzeugs berechnet werden wie Verbrauch, Beschleunigung, Reichweite, Rollwiderstand, Geschwindigkeiten und Temperaturen. „Wir simulieren gezielt Grenzbetriebsbedingungen und daraus wird berechnet, wie man die Brennstoffzelle am effizientesten betreiben kann“ erklärt René. Mit den gesammelten Erkenntnissen ebnet das PSW-Team den Weg zur Integration und unterstützt Hersteller dabei, den alternativen Antrieb fit für die Serie zu machen. „Die Simulationsumgebung ist hierbei so ausgelegt worden dass nicht nur ein kompletter Brennstoffzellen-Hybrid-Triebstrang simuliert werden kann, sondern auch die Teilsysteme als solche optimiert werden können. Auch die Simulation von anderen Antriebsarten, wie reine Batteriemobilität, kann so durchgeführt werden.“
Effektiver ans Projektziel
Apropos „fit“: Wer andere fit machen will, muss auch selbst auf Zack sein. Die unmissverständliche Antwort auf diese Frage gibt Erhard Dörr, Leiter des Projektmanagements: „Wir sind effektiver als der freie Markt und schaffen es, die Themen mit weniger Stunden ins Ziel zu bringen. Das hat erst vor kurzem eine Erweiterung unserer Beauftragung beim h-tron Projekt von Audi bestätigt. Der Schlüssel ist unsere Kompetenz bei den technischen Fragen: Wie gelingt es, einen großen Wasserstofftank ins Auto zu integrieren? Wie gestalte ich mitunter eine komplette Bodengruppe neu? Wie wirkt sich das dann auf das Crashverhalten aus? Und so weiter.“ Das Fahrzeug muss also in der Summe funktionieren. Erhard: „Damit das gelingt, haben wir genau die richtigen Leute an den richtigen Stellen, die sich ständig untereinander austauschen. So bringen wir unsere Projekte termin- und kostengerecht mit der perfekten Qualität ins Ziel.“
… und wie fahren wir in 20 Jahren?
Bei so viel Innovationskraft bleibt die Frage zu klären, welches Tempo bei der Integration der alternativen Antriebe die Gesellschaft – sagen wir einmal hier in Deutschland – eigentlich mitgehen kann. Renés Ausblick: „Wir werden sehr lange mit einem Antriebs-Mix leben. Aber in 20 Jahren wird es aus vielen Gründen viel weniger Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor geben. Allein schon wegen des CO2-Ausstoßes. Die Welt wird elektrisch fahren – also mit Batterie und Brennstoffzelle. Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg.“
Die Ampeln stehen noch auf Gelb
Was den Brennstoffzellenantrieb angeht, sind die Rahmenbedingungen derzeit noch schwierig, denn es fehlt eine flächendeckende Tankinfrastruktur – derzeit gibt es in Deutschland rund 100 Tankstellen für Wasserstoff und wenn der gebürtige Holländer René van Doorn sich mit einem wasserstoffbetriebenen Auto zum Urlaub nach Italien aufmachen wollte, dann würden ihm die wenigen Tankstellen auf dem Weg sicherlich Kopfzerbrechen bereiten. Ein Grund mehr für ihn, gemeinsam mit seinem Team dranzubleiben und damit den Brennstoffzellenantrieb auf die Straße zu bringen.